Zur Eröffnung des Jüdischen Museums München:
"Speaking Germany" von Sharone Lifschitz
Sharone Lifschitz, 1971 in Israel geboren, ist Gewinnerin des Wettbewerbs von
QUIVID, dem Kunst am Bau Programm der Stadt München 2004. Mit ihrem Projekt "Speaking Germany" wird sie
München vom Januar bis
Mai 2007 subtil erobern und verändern.
Textfragmente aus Gesprächen der
Künstlerin mit Menschen, die sie
in Deutschland getroffen hat, werden in Wellen über mehrere Monate in der Stadt
München auftauchen.
Gesprächsfetzen werden auf einer Trambahn vorbeifahren, auf Plakaten in der
Stadt die Autofahrer und
Fußgänger irritieren und Fragen aufwerfen, und an öffentlichen Stellen wie der
U-Bahn die Aufmerksamkeit
auf sich ziehen. Zunächst finden sich die Texte vereinzelt, ohne eine Erklärung
mitzuliefern, später wird das
Aufkommen dichter und komplexer. Der Leser fühlt sich, als ob er zufällig Zeuge
eines Gesprächs wird, ein zwei
Sätze mitbekommt, deren Sinn sich ihm nicht ganz erschließt. Es bleibt nur die
eigene Assoziation und
das Gefühl, Teil eines intimen Gesprächs zu sein, das hier unerwartet in der
Öffentlichkeit preisgegeben wird.
Intimität - Öffentlichkeit, diese gegensätzlichen Orte menschlichen Seins
spielen thematisch in der Arbeit von
Sharone Lifschitz eine große Rolle.
[KONTAKT
AUFNEHMEN?]
Die Arbeit an dem Projekt begann vor über zwei Jahren. Die Künstlerin inserierte
2004 und 2005 in
überregionalen deutschen Zeitungen den folgenden Text: "Young Jewish woman
visiting Germany would like
to have a conversation about nothing in particular with any one reading this."
(Junge jüdische Frau, die
Deutschland besucht, hätte gerne ein Gespräch über nichts Besonderes mit
jemandem, der dies liest.) Sie
erhielt über 180 Antworten von Menschen aus ganz Deutschland, es entstanden
erste Dialoge per Mail und
schließlich wurden mehrere Treffen vereinbart.
Zwischen April 2005 und September
2005 fuhr sie kreuz und
quer durch Deutschland, um Menschen in München, Berlin, Frankfurt, Köln,
Münster, Leipzig, Heidelberg und
anderen Städten zu treffen. Die verschiedenen Phasen der Kontaktaufnahme
überträgt sie auf die Speisenfolge eines Mahls: "Aperitiv" nennt die Künstlerin den ersten Kontakt,
das gegenseitige Abtasten.
Zitate daraus werden ab Dezember in München zu sehen sein. Während der
"Vorspeise" stellen sich zwei
Menschen gegenseitig vor, die sich noch nie vorher getroffen haben. Zitate aus
dieser Phase werden im
Februar 2007 gezeigt. Zur "Hauptspeise" finden die persönlichen Treffen, meist
in einem Café oder
Restaurant, statt und wie in jedem Gespräch entsteht ein Raum zwischen zwei
Menschen, es gibt Pausen,
Unbehaglichkeiten, dumme Bemerkungen, freundschaftliche Gefühle, es werden
Geschichten erzählt. Diese
Hauptphase ist in München vom März bis Mai 2007 sichtbar. Manchmal gibt es auch
noch eine "Nachspeise"
und am Ende, im Mai zum Abschluss des Projektes, einen "Letzten Drink".
[KONTAKT
AUFNEHMEN?]
Zur Eröffnung des Jüdischen Museums am 22. März 2007 wird eine umfangreiche
Installation von
Textfragmenten aus den Gesprächen an die gläserne Museumsfassade angebracht. Ein
Video über das
Projekt verbleibt in der Sammlung des Museums und wird dort ab Ende März 2007
gezeigt.
© Sharone Lifschitz
Über die Künstlerin:
Sharone Lifschitz wurde 1971 in Beer Sheva, Israel, geboren und wuchs im Kibbutz
Nir Oz in der Negev-Wüste in Israel auf. Seit 15 Jahren lebt und arbeitet sie in London. Nach
Architekturstudien an der
Architectural Association, London und am Architecture Department, The Cooper
Union, New York wechselte
sie zur Bildenden Kunst und beendete 2002 ihr Studium mit dem MA Fine Art am
Central St. Martins College
of Art and Design in London.
Seitdem ist sie als Künstlerin und Schriftstellerin
tätig. Sie nahm an mehreren
Gruppenausstellungen in London, aber auch im Centro Cultural Recoleta Buenos
Aires, Minneapolis/USA,
Luxembourg und Israel teil. In Deutschland war ihre Arbeit erstmals 2005 im Haus
der Kulturen der Welt, Berlin, in der Ausstellung "Dreams and Trauma", zu sehen. 2004 gewann sie den
ersten Preis des QUIVID -
Kunst am Bau Programm der Stadt München für das Jüdische Museum München, das im
März 2007 eröffnet wird. Das ausgewählte Projekt "Speaking Germany", das sie 2004-2005 kreuz und
quer durch Deutschland
führte, konnte sie während eines Aufenthaltes in der Villa Waldberta 2006 vor
Ort weiterentwickeln. Es ist ihre
erste Einzelausstellung.
Eine weitere Ausstellung entsteht in Kooperation mit
der Stadtgalerie Saarbrücken
und wird im Oktober 2007 im Musée de la Ville de Luxembourg gezeigt.
Einführung von Emily D. Bilski, Kuratorin
Jüdisches Museum München
Sharone Lifschitz an ihre
Besucher
Mehr
über das Jüdische Museum München
Speaking-Germany.de
hagalil.com 14-03-07 |