 Wie kann man schreiben, wenn Panzer durch die Straßen donnern?
Wie ein Regiekonzept entwickeln, wenn die Angst vor dem Gang über den Markt das
Denken lähmt?
Angeregt durch die
ECKENROTH STIFTUNG hat das Theater Heilbronn sich einem besonderen
Projekt verschrieben: israelische und palästinensische AutorInnen erarbeiten
gemeinsam eine Szenencollage mit dem Arbeitstitel
PALÄSTINA - HEIMAT?, die nun am 5. April 2003 in Heilbronn uraufgeführt
wird. Regie: Elmar Fulda, Ausstattung: Florian Parbs, Musik: Klaus Hollinetz.
Kurzbiographien
der Autoren
Elisheva Greenbaum
Die Lyrikerin Elisheva Greenbaum hatte im Februar 2002 mit ihrem ersten
abendfüllenden Theaterstück "Streamstresses" (Näherinnen) in Haifa Premiere. Im
Jahr 2000 hat sie unter dem Titel "The Nape of Light" einen Lyrikband vorgelegt,
der bei Helikon Israel herausgekommen ist.
1965 geboren und aufgewachsen in Jerusalem, hat
sie an der Universität Tel Aviv Schauspiel studiert. Sie unterrichtet
Theaterwissenschaft und gibt Theater- und Schreibworkshops u.a. auch in
Gefängnissen und kommunalen Kultureinrichtungen. Weitere Theatertexte: Eden Bird
No. 17 (1993, Hasimta Theater), Ben Shitreet's Baby (1995, Theateroneto
Festival), Sultana Amore (1997, Akko Fringe Theater Festival), Blood Oranges
(1999, Tzavta Short Play Festival).
"What can theatre do in the political and social
reality we find ourselves in. In the past I'd always think if you want to
influence reality, join a party, write articles and leave theatre out of it. Now
I'm questioning that. We need to find the special way in which theatre could and
should influence reality - make us see what otherwise remains hidden"
Elisheva Greenbaum am 04. Februar 2002 in Jerusalem Post Newspaper über ihr
neues Stück "Streamstresses"
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Anat Gov
Die Theaterautorin gilt als ein der profiliertesten Komödienautoren Israels. In
den letzten Jahren hat sie viel für das Cameri Theater in Tel Aviv geschrieben.
"Best Friends", ein Stück über drei lebenslange Freundinnen, wurde als beste
israelische Komödie des Jahres 2000 ausgezeichnet und bisher mehr als 600 mal
aufgeführt.
1953 in Israel geboren hat sie an der Universität
Tel Aviv Theater studiert und ihre Laufbahn als Autorin für Fernseh-Comicserien
begonnen. Ihr letztes Stück "Lysistrata 2000", eine feministische Version der
Komödie des Aristophanes, wurde bereits über 300 mal aufgeführt. Sie schreibt
wöchentlich eine Kolumne in der Zeitung "Yediot Acharonot".
Lysistrata: They agree.
Spartapussy: Then
Lysistrata: There's peace?
Both men: There's peace.
Anchorwoman: Peace, peace, we have peace!
The war between Athens and Sparta continued off and on for 73 years after the
play was written, more than half the population was killed in the war. When it
was over, every city in Greece was destroyed.
Anchorman: Athens and Sparta, exhausted, were conquered by Macedonia. The most
glorious era of Classical Greece ended. Greece was wiped off the map for more
than 2000 years. And peace -
Both: remained a dream.
Aus: "Lysistrata 2000" von Anat Gov
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Ilan Hatsor
Der in Deutschland durch sein erstes Theaterstück "Vermummte" (Re'Ulim, 1992, Ü:
Ruth Melcer) bekannt gewordene Autor ist 1964 in Haifa geboren und dort
aufgewachsen. Er studierte an der Universität Tel Aviv Regie und Drama writing.
Zur Zeit entsteht ein neues Stück mit dem Titel "Small Talk", in dem das
Rückkehrrecht der Palästinenser thematisiert wird.
"Ich denke, gutes politisches Theater sollte sich
vor allem mit Menschen und nicht mit Ideen befassen. Die politischen und
ethischen Bedeutungen müssen aus der dramatischen Handlung entstehen und nicht
aus Erklärungen und Reden, die auf der Bühne geschwungen werden."
Ilan Hatsor über sein Stück "Vermummte"
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Sameh Hijazi
Der 1960 geborene Theaterregisseur und Übersetzer hat in der DDR
Theaterwissenschaft studiert und an Theatern in Leipzig und Berlin als
Regieassistent, u.a. bei Heiner Müller, gearbeitet. Seit Anfang der 90er Jahre
lebt er wieder in Israel und den Palästinensischen Autonomiegebieten. Hijazi ist
künstlerischer Leiter des Palästinensischen Nationaltheaters in Ost-Jerusalem.
Inszenierungen u.a. One for the road (nach Harold Pinter, 2000), Die Maske
(von Mamdouh Odwan, 1999) und Von einem anderen Stern (nach Karl Wittlinger,
1999). Im Sommer 2002 hat er mit der Inszenierung von Heiner Müllers "Der
Auftrag" einen großen Erfolg beim Akko Theaterfestival gehabt.
Theater ist immer politisch, auch wenn du über
kleine Probleme erzählst oder humanistische Probleme behandelst.... Ich verlange
nur, dass ich auf dieser Erde leben kann, was aber einschließt, dass ich ohne
Angst in Jerusalem leben kann, nicht in ständiger Furcht, verhaftet zu werden,
weil ich keine offizielle Genehmigung dazu habe. Ein Paradies verlange ich
nicht. Mein Paradies ist mein Leben.
Sameh Hijazi über seine Theaterarbeit im Interview aus dem Jahr 2000
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Imad Jabarin
Imad Jabarin hat bisher mehrere Stücke für das arabische Al-Saraya Theatre in
Jaffa geschrieben. In dem Stück "Cloudy Moon" (2000) erzählt er die Geschichte
von zwei jungen Männern, die sich täglich treffen und gegenseitig ihre Träume
erzählen ohne sie je verwirklichen zu können. Er arbeitet auch als Schauspieler
und studiert in Tel Aviv Theaterwissenschaft.
Es ist Nacht. Eine Straßenecke in einer Stadt in
der Westbank. Ein junger, israelischer Soldat steht an der Ecke. Ein junger
Palästinenser überquert hastig die Straße. Er sieht den Soldaten und nähert sich
langsam. Plötzlich zieht er einen Revolver heraus. Der Soldat hebt instinktiv
sein Gewehr hoch und zielt.
Imad Jabarin, Auszug aus der Regieanweisung einer Szene für das Projekt.
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Motti Lerner
Die Geschichte über den mutigen Rudolf Kastner, der mit den Nazis über das Leben
seiner Landsleute verhandelte, war das erste Stück das Motti Lerner Mitte der
80er Jahre für das Theater Heilbronn schrieb. 1949 in Israel geboren, hat an der
Hebrew University in Jerusalem Theater studiert. Zwischen 1979 und 1984 ist er
Dramaturg und Regisseur am Khan Theater in Jerusalem gewesen. Er arbeitet seit
1984 als freier Schriftsteller, Drehbuchautor und unterrichtet seit 1997 am
Fachbereich Theater der Universität Tel Aviv.
Theatertexte (Auswahl): Kastner (Kastner, Ü: E.H.
Smith, 1985), Else in Jerusalem (Else, Ü: Ruth Melcer, 1990), Herbst (Stav Yamav,
Ü: Ruth Melcer, 1996), Die Ermordung Isaaks (Assasination, Ü: Ruth Melcer, 1999)
"Ich glaube, dass Theater Veränderungen bringen
kann, vielleicht nicht an einem Tag, oder in einem Jahr, sondern langsam und
stetig. Auch das Heilbronner Theaterprojekt wird sich in das politische Panorama
Israels integrieren und so seinen Beitrag zum Frieden geben."
Motti Lerner, am 27. Juni 2002 im Theater Heilbronn
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Dorine Munayyer
Die 1979 geborene Schauspielerin und Autorin lebt in Ost-Jerusalem. Sie studiert
Fine Arts an der Al-Quds University und Musik am "National College for Music" in
Jerusalem. Seit 1992 arbeitet sie am Palästinensischen Nationaltheater u.a. mit
den Regisseuren Peter Braschler und Sameh Hijazi. Im Juli 2002 hat sie beim "Acco
Monodrama Festival" den Preis als beste Schauspielerin für das Stück "The
Cannibal" des syrischen Autors Mamdouh Odwan bekommen.
Sie werden wiederkommen und dich mitnehmen und
schlagen, einmal, zweimal, zehnmal, damit du ihnen Namen gibst, die Namen der
Kinder, die Steine auf sie werfen; und jedes Mal werden sie ein bisschen mehr
von dir verlangen.
Dorine Munnayer, Auszug aus einem Monolog für das Projekt
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Salman Natour
Geboren 1949, lebt in Daliat-al-Karmel, einem drusischen Dorf in der Nähe von
Haifa. Er veröffentlichte über 20 Bücher: Kurzgeschichten, Satiren, Essays und
Dokumentationen, von denen leider so gut wie nichts in deutsch publiziert ist.
Salman Natour hat über Jahre als Redakteur der
Kulturbeilage der arabischen Zeitung "Al Itihad" gearbeitet. Er hat in Haifa ein
Medienzentrum gegründet, das arabische Journalisten ausbildet und
Fernsehdokumentationen produziert sowie des "Palästinensischen Zentrum für
israelische Studien" in Ramallah.
Wer ein friedlicher und friedliebender Mensch
sein will, muss die einschneidende Entscheidung treffen, keine Kinder mehr zu
zeugen, aus Angst neue verheerende Kriege hervorzurufen. Sein Begehren und seine
Kinder sind wie Kriegsgeneräle, die die erste Kugel abschießen.
Salman Natour, "Die Erinnerung" aus "Angst im eigenen Land, Herausgegeben von
Rafik Shami
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Raid Kassab Abdallah Sabbah
1973 geboren und aufgewachsen in Konstanz am
Bodensee und Studium der Semitistik und der Vergleichenden
Literaturwissenschaften. Nach verschiedenen Stationen als freier Mitarbeiter
beim Radio und überregionalen Tageszeitungen studiert er seit 2001 an der
Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg.
Er hat u.a. Drehbücher für Dokumentarfilme
geschrieben ("Der Hakawati",1998, Regie: Gérard Samaan & Marianne Rosenbaum; "Sheherezades
Töchter", 2000, Regie: Husam Chadat (HFF München) sowie auch selbst Regie
geführt ("Träume aus Trümmern", 1998; "Lenny Kravitz" - (Dokumentation für
ARTE); "Inschallah", 2001; "Husam, der aus dem Teppich kam", 2002).
Im Herbst 2002 ist bei Droemer/Knaur das Buch
"Der Tod ist ein Geschenk" - Die Geschichte eines Selbstmordattentäters
erschienen, in dem Raid Sabbah eindrücklich Gespräche mit einem
palästinensischen Kämpfer nachzeichnet.
Ihr haltet uns für Terroristen, für Menschen, die
keinerlei Skrupel haben, andere - unschuldige Frauen, Männer und Kinder - mit in
den Tod zu reißen. (...) Ihr irrt, denn der Fanatismus und Terror hat seine
Wurzeln in Eurem Betreben, sich die Welt untertan machen zu müssen.
Raid Sabbah, "Der Tod ist ein Geschenk", München 2002.
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